Edwin Grienauer – Werkverzeichnis des Bildhauers und Medailleurs als Beitrag zur Auftragslage österreichischer Medailleure im Zeitraum 1920–1960
Ein Forschungsthema am Institut für Numismatik und Geldgeschichte, das ein Werkverzeichnis eines Medailleurs und Stempelschneiders zum Inhalt hat, ist ein Novum. Über Künstlerbiografien und kommentierte Werkverzeichnisse verfügen zu können ist für das Fach Numismatik von eigenem Interesse und stellt zudem nicht nur für die Beforschung der österreichischen Medaillenlandschaft ein Desiderat dar.
In den 1990er-Jahren kam aus einem Teilnachlass Edwin Grienauers (1893–1964) eine kleine Sammlung von etwa 100 Münzen, Medaillen und Prägewerkzeugen an das Institut für Numismatik und Geldgeschichte. Für ein Institut, das alle numismatischen Objekte von ihrer Entstehung bis in die Gegenwart zum Gegenstand hat und sein Selbstverständnis im Jahre 2000 um den Begriff Geldgeschichte im Titel erweitert hat, konnte dies nur ein Gewinn sein und eine Brücke von althistorischen Themenkreisen zu gegenwärtigen schlagen.
In Edwin Grienauer findet sich ein Gestalter österreichischer Münzen und Medaillen, der, wie viele andere Künstler dieses Genres auch, sich selbst in erster Linie als Bildhauer betrachtet hat. Zu Edwin Grienauers Œvre zählt auch das Einschillingstück – er entwarf die Zahlseite, die Rückseite stammt von Ferdinand Welz (1915–2008). Bekannt wurde er im Jahr 1920 zuerst als Bildhauer in Wien und international im Jahr 1928 als Stempelschneider von sieben der zehn österreichischen Doppelschillinge und als Medailleur, der bei den Olympischen Spielen in Amsterdam 1928 eine Goldmedaille und 1948 in London eine Bronzemedaille errang. Besonders in Wien konnte er daneben auch Bauplastiken, Freiplastiken im öffentlichen Raum anfertigen und zahlreiche Kleinbronzen vertreiben. Noch heute werden seine weitverbreiteten Wirtschaftskammer-Medaillen produziert und vergeben.
Seine Biografie wurde im Fach Numismatik bereits als Diplomarbeit vorgelegt, dabei konnte sein umfangreiches Schaffen nur kursorisch umrissen werden und es fehlt eine systematische Aufnahme seiner Werke. Rezipiert wurde Edwin Grienauer als „typischer Österreicher“, der seine Kindheit im Waisenhaus verbrachte und den eine Freundschaft mit Josef Weinheber verband. In Weinhebers Romanen wird Grienauer in den Figuren Hierlanger und Balduin Ordt als Künstler charakterisiert. Er selbst hat immer betont, ihm sei nichts geschenkt worden. Seine Mutter, die Sängerin Helene Schott alias Hilde Fernau, starb im Jahr 1910, wohngemeldet an einer Adresse der Familie Burghauser, sein Vater, Karl, ein bekannter Cellist, ging schon vor Edwins Geburt nach Amerika und starb 1914 in Kalifornien.
Mein Projekt hat zum Ziel, eine systematische Aufarbeitung der Medaillengeschichte für das 20. Jahrhundert zu ermöglichen und geht von der Produktion eines Medailleurs aus, um seine Gelegenheiten für bildnerisches Schaffen festzustellen – damit sind in erster Linie Konkurrenzen und Ausschreibungen zur Gestaltung von Münzen und Medaillen gemeint. Weitere Hauptaspekte sollen durch Archivarbeit geklärt werden, zum Beispiel: Wieweit wurde in Einzelfällen Einfluss genommen auf Bildgestaltungen und Motivwahl? Der Künstler soll jedoch möglichst in seinem gesamten Schaffen erfasst werden, um spätere kunstgeschichtliche Forschungen zu erleichtern.
Elmar Fröschl