Vollständige Erschließung, wissenschaftliche Auswertung und Open Access-Veröffentlichung der römischen Fundmünzen aus Kalkriese

Abb.1: As des Augustus aus Lugdunum mit Gegenstempel AVG im Nacken (VARUSSCHLACHT im Osnabrücker Land gGmbH - Museum und Park Kalkriese, 13.8.50.11.6716)

Projektleitung: Dr. Stefan Burmeister (Geschäftsführer der Varusschlacht im Osnabrücker Land gGmbH); Dr. Henning Haßmann (Ltd. Direktor; Landesarchäologie für Niedersachsen); Prof. Dr. Reinhard Wolters (Institut für Numismatik und Geldgeschichte, Universität Wien)

Projektdurchführung: Max Resch, MA (Doktorand)

Zeitraum: 1.1.2020 – 31.12.2022

Förderung: Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur, Förderprogramm PRO*Niedersachsen: Kulturelles Erbe – Sammlungen und Objekte

Das in der Öffentlichkeit als „Ort der Varusschlacht“ bekannt gewordene Fundareal von Kalkriese ist - auch unabhängig von der abschließenden Ansprache - einer der interessantesten und für die Methodenentwicklung wichtigsten römischen Fundplätze in Deutschland. Die dort gemachten Fundmünzen sind in ihrem historischen und kulturhistorischen Wert von europäischer Bedeutung. Es ist ihr numismatisches Alleinstellungsmerkmal, dass sie bei sehr großer Objektzahl aufgrund der besonderen Verlustumstände einen punktuellen Einblick in den Münzumlauf zu einem sehr konkreten Zeitpunkt erlauben, wobei die Objekte überdies durch gut dokumentierte Grabungen und Prospektionen gesichert und kontextualisierbar sind. Weder ist an diesem Ort eine ältere, kontaminierende Münzdecke vorhanden, noch gibt es einen nachfolgenden römischen Münzhorizont. Die hier gefundenen Münzen bieten einen unmittelbaren Einblick in den Geldumlauf eines römischen Heerverbandes und lassen auf dessen Geldversorgung und Münzgebrauch zurückschließen. Durch diese qualitativen Merkmale haben die Fundmünzen von Kalkriese eine wissenschaftlich herausragende Bedeutung.

Die römischen Fundmünzen von Kalkriese sind bislang nur teilweise wissenschaftlich bearbeitet, mehr als ein Drittel ist noch unpubliziert. Auch entspricht der seinerzeitige Erhebungsstand nicht mehr den heutigen Möglichkeiten und Erfordernissen. Ziel ist es, die römischen Fundmünzen aus Kalkriese im Rahmen einer Doktorarbeit zunächst vollständig sowie in der heute gebotenen Differenziertheit und Qualität wissenschaftlich zu erschließen, nach neuen Gesichtspunkten zu untersuchen und sie schließlich als einen zentralen Baustein in den weiteren historischen Kontext der römischen Numismatik sowie jenen der Geschichte der Römer in Germanien zu stellen. Die Materialbearbeitung schließt hochauflösende 3-D-Scans und ausgewählte Metallanalysen ein. Für die weitere Wissenschaft, doch auch für die interessierte Öffentlichkeit werden die Münzen photographisch hochwertig erfasst und vollständig über das virtuelle Münzportal KENOM zugänglich gemacht. Neben der Dissertation sollen zum Abschluss zentrale Erkenntnisse der wissenschaftlichen Auswertung in einer kleinen Ausstellung mit ausgewählten Originalfunden präsentiert werden.

Das innovative Potential des Projekts liegt in der äußerst dichten Aufnahme der Fundmünzen von Kalkriese, die einerseits Standards für andere Plätze entwickelt, andererseits vielfältige Aufschlüsse zu Münzversorgung, Münzumlauf, Umgang mit Münzen, Besoldungsverhältnisse etc. erlaubt. Das Potential des Platzes als wichtigster Referenzpunkt und „benchmark“ für Münzfundkomplexe der frühen Kaiserzeit wird so optimal erschlossen. 

Literatur:

F. Berger, Kalkriese 1. Die römischen Fundmünzen. Römisch-Germanische Forschungen 55 (Mainz 1996).

R. Wiegels (Hg.), Die Fundmünzen von Kalkriese und die frühkaiserzeitliche Münzprägung. Akten des wissenschaftlichen Symposions in Kalkriese (15.–16. April 1999). Osnabrücker Forschungen zu Altertum und Antike-Rezeption 3 (Möhnesee 2000).

R. Wolters, Kalkriese und die Datierung okkupationszeitlicher Militäranlagen, in: G.A. Lehmann/R. Wiegels (Hgg.), Römische Präsenz und Herrschaft im Germanien der augusteischen Zeit. Der Fundplatz von Kalkriese im Kontext neuerer Forschungen und Ausgrabungsbefunde, Göttingen 2007, 135-160.